Album: Coal
Spielzeit:
55:52 min
Plattenfirma: Inside/Out Music
Veröffentlichung: 17.05.2013
Homepage: www.leprous.net
Mit Ihrem letzten Opus „Bilateral“ aus dem Jahr 2011 ging es für die
norwegische Progressive Metal Band LEPROUS recht steil nach oben. Das Album,
das wie der nun vorliegende Nachfolger „Coal“ von dem Mischpult-Hexer Jens
Bogren in den schwedischen Fascination Street Studios in Form gegossen wurde,
konnte mit seinem eigenwilligen Mix aus Wahnsinn und Melodie weltweit für großartige
Resonanzen sorgen und bescherte der Band Slots auf so prestigeträchtigen
Festivals wie dem ProgPower USA sowie den Support Part für Amorphis auf deren
Europa Tour.
Wer mit der verqueren Mischung auf „Bilateral“ allerdings schon seine
Probleme hatte, der wird mit der auch auf „Coal“ vorherrschenden kategorischen Verneinung
von Prog-Metal Konventionen bereits vom ersten Ton an auf Kriegsfuß stehen.
Denn LEPROUS machen gleich klar, dass so gut wie nichts ins altbekannte Schema
passt und scheren sich mit erfrischender Selbstverständlichkeit einen feuchten
Kehricht um jedwede Art der gemeingültigen Genre-Regeln. Klangen die Songs auf
dem Vorgänger noch nach einer ausgelassenen, überzuckerten Kindergartenhorde am
Süssigkeitenbüffet, herrscht auf „Coal“ ein deutlich dunklerer und gereifter Ton
vor. Der Opener „Foe“ setzt auf Breitwand Unisono-Riffs, repetitive Sphären-Sounds
und angenehm unangepasste Melodien von Sänger Einar Solberg, der die
stimmlichen Parallelen zu Kollegen wie Muse oder The Darkness („The Cloak“) gekonnt
ausnutzt und einem Song wie „Chronic“ die gewisse Note Theatralik verleiht, die
dem instrumentalen Wahnsinn Einhalt gebietet und alles zusammenhält. Einen Hit
sucht man auf solch einer Platte selbstredend vergebens, aber einen Track wie das
episch ausufernde und zwischen Ambient und Turmhohen Melodien pendelnde
Highlight „The Valley“ muss man erst mal zusammenschrauben. Ich kann von diesem
Track einfach nicht genug bekommen. „Echo“ klingt wie Metal gewordener 80er
Sythie-Pop, quasi Depeche Townsend oder Devin Mode, wie man will.
Im Vergleich zum viel gelobten Vorgänger zeigen vor allem die nach wie vor
äußerst eigenwilligen Gesangsmelodien wie sehr die Band sich in der
Zwischenzeit weiterentwickelt hat. Ein Song wie der Titeltrack „Coal“ ist
nervenaufreibend und bei weitem kein easy-listening, aber gleichzeitig bewirken
die originellen Rhythmen und die mit hinreißender Lässigkeit gezockten
instrumentalen Endlosschleifen, dass der Hörer immer wissen will wie es
weitergeht. Ganz großes Kino. Zum Abschluss macht „Contaminate Me” noch mal
klar, warum sich jemand wie der ehemalige Emperor Frontmann Ihsahn eine Band
wie LEPROUS als Backingtruppe für seine Solokonzerte ausgesucht hat: Der
härteste Track des Albums legt die (Extrem)Metal Wurzeln der Musiker frei, öffnet
die Pforten für ein beeindruckendes Geballer aus allen Rohren (inklusive
Gastvocals vom schwarzen Meister himself) und weckt Erinnerungen an das famose,
ähnlich intensive Ihsahn Album „After“.
Der gewohnt erstklassige Sound und das stimmige Artwork runden ein ganz und
gar packendes Stück modernen Prog-Metal ab. Betrachtet man das Genre des
Prog-Rock/Metal im Jahr 2013, so ist man geneigt zu sagen, dass „Coal“ und das
kürzlich erschienene, konzeptionell und stilistisch rückwärtsgewandte „The
Raven That Refused To Sing“ von Steven Wilson 2 Seiten einer Medaille sind: die
aktuell vielleicht besten Veröffentlichungen am jeweiligen Ende des Spektrums.
Geile Scheibe.
WERTUNG:
Trackliste:
01. Foe
02. Chronic
03. Coal
04. The Cloak
05. The Valley
06. Salt
07. Echo
08. Contaminate Me
Mario
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