Band: Steve Stevens
Album: Atomic Playboys (Re-Release)
Spielzeit: 58:25 min
Stilrichtung: Hard Rock
Plattenfirma: Rock Candy Records
Veröffentlichung: 22.07.2013
Homepage: www.rockcandyrecords.com
Ich kann mich noch gut an das erste Bild erinnern, dass sich von Steve Stevens in mein Gedächtnis eingebrannt hat: ein gänzlich in schwarzes Leder gehüllter Knilch, mit einer wilden schwarzen Haarmähne und einer tief hängenden Gitarre steht einsam in einem Lichtkegel auf einer Bühne und fräst sich leidenschaftlich durch das geniale Top-Gun Theme. 1986 war das und meine Auffassung von cool hatte, ebenso wie meine Vorstellung von einem geilen Gitarrensound, eine radikale Neuausrichtung erfahren. Alles an diesem Kerl schrie „Style“ und bis heute kenne ich nur wenige Gitarristen, die nicht nur über ein ähnlich beeindruckendes Talent, sowie einen ureigenen Sound sondern dazu auch noch über einen absolut unantastbaren Geschmack in Sachen Gesamterscheinungsbild verfügen. Als Stevens (zusammen mit Komponist Harold Faltermayer) für eben jenen Soundtrack-Beitrag den Grammy erhielt, war das beileibe kein Zufallstreffer, denn der gute hatte bis dahin an der Seite von Billy Idol, von dem er sich in der Zwischenzeit getrennt hatte, bereits ein kleines Kapitel Rockgeschichte geschrieben. Bevor Stevens bei dem Mötley Crüe Vorturner Vince Neil für dessen Soloband anheuerte, legte er 1989 allerdings auf Druck seiner Plattenfirma und unter Zuhilfenahme der hochkarätigen Unterstützung der Produzenten Ted Templeman (u.a. Van Halen) und Beau Hill (Winger, Europe, Ratt, Alice Cooper, …) sein eigenes Soloalbum unter dem Titel „Atomic Playboys“ vor.
Stevens ist über die Jahre nicht müde geworden den damals wohl aus Mangel an Alternativen verpflichteten Sänger Perry McCarty madig zu reden und hat immer wieder betont, dass er mit dem Resultat der Zusammenarbeit nicht 100% zufrieden war/ist. Nüchtern betrachtet ist McCarty natürlich kein Billy Idol. Allerdings macht er seine Sache mehr als ordentlich und ich kann nichts Negatives an seiner Gesangsleistung finden – im Gegenteil. Der Junge konnte durchaus singen und passte stimmlich perfekt zum Material – was so alles im Hintergrund ablief und Stevens die Erinnerung rückblickend wohl vergällt steht natürlich auf einem anderen Blatt. Auch war der Maestro, wie er damals und noch heute verlauten lässt, von der etwas glatten Produktion von Sound-Ass Beau Hill nicht zur Gänze angetan. All diese Dinge, die Stevens heute mit zwiespältigen Gefühlen an sein erstes Soloalbum denken lassen, können allerdings nichts daran ändern, dass die Platte unter Fans mittlerweile Kultstatus erlangt hat und für viele DAS Highlight des (Metal)-Gitarristen Steve Stevens (neben der absolut göttlichen Vince Neil Scheibe „Exposed“ (1992)) darstellt.
„Atomic Playboys“ bietet wirklich alles, was eine perfekte 80er Heavy-Rock Scheibe ausmachte: Ein geniales Cover (von H.R. Giger), richtig gute, abwechslungsreiche Songs, Gloss und Glimmer in Sound und Optik, eine echte, teure Produktion (und nicht diese allgegenwärtigen, widerlichen Fließband Sounds aus dem Computer die uns heute als state-of-the-art verkauft werden) und natürlich immer wieder diese unfassbar geilen Gitarren („Soul on Ice“ ist eine Lehrstunde für jeden Rockklampfer der glaubt etwas auf dem Kasten zu haben). Stevens glänzte auf dem Album nicht nur in typischen Hardrock-Granaten („Atomic Playboys“, „Slipping Into Fiction“, das The Sweet Cover „Action“ lässt das Original ziemlich alt und Def Leppards Version noch blutleerer aussehen), sondern streute Hochglanz Pop der Marke Billy Idol („Evening Eye“), die obligatorische Breitwand-Ballade („Desperate Heart“) und (seine heimliche Leidenschaft) sogar Flamenco ein (das stimmungsvolle, instrumentale „Run Across Desert Sands”). Und auch wenn Stevens nie der schnellste, noch der ausgeflippteste unter den damaligen Flitzefingern war – so war er aber mit Sicherheit einer der stilvollsten Vertreter seiner Gattung. Jedes Riff und Solo strotzt nur so vor Energie und Selbstsicherheit, dass es eine wahre Freude ist. Einzig den erbärmlichen Gesangsbeitrag auf „Woman of 1,000 Years“ hätte der Bandleader sich sparen können. Der Song ist der einzige Skip-Kandidat auf einer ansonsten makel- und zeitlosen Scheibe von alleredelster Güte.
Der vorliegende Rock Candy Re-Release glänzt mit einem gelungenen, nicht übertriebenen Remastering (auch wenn es am Sound der original Scheibe nichts zu bemängeln gibt) und den üblichen, sehr ausführlichen und informativen Linernotes (basierend auf einem brandaktuellem Interview mit dem Meister selbst) nebst tollen Fotos. 2 Bonustracks gibt’s noch als Schmankerl dazu: den auf der originalen Japan Pressung vertretenen Song „Warm Female“ sowie den (verzichtbaren) Promo Remix des Album Tracks „Action“.
Wer die Platte noch nicht im Schrank stehen hat, schämt sich jetzt bitte 5 Minuten und schaut dann schleunigst, dass dieses Versäumnis nachgeholt wird – es lohnt sich.
WERTUNG:
Trackliste:
01. Atomic Playboys
02. Power of Suggestion
03. Action
04. Desperate Heart
05. Soul on Ice
06. Crackdown
07. Pet the Hot Kitty
08. Evening Eye
09. Woman of 1,000 Years
10. Run Across Desert Sands (Instrumental)
11. Slipping into Fiction
12. Warm Female (Bonus Track)
13. Action - Promo Remix (Bonus Track)
Mario
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